Passionszeit

Die Passionszeit ist da. Es gibt den Brauch, auf manch lieb Gewordenes zu verzichten und sich zurückzunehmen; innerlich einzukehren.

Gerne hätten wir Fasching gefeiert: mit Umzügen, mit geschmückten Wagen, mit Ausgelassenheit. Am Aschermittwoch wäre das alte Lied: „Am Aschermittwoch ist alles vorbei...“ sicher angestimmt worden.

Aber dieses Jahr ist „alles“ aufgrund der Pandemie gar nicht erst losgegangen. Wir haben das Gefühl, dass wir schon lange in einer Zeit des Verzichts leben - eingeschränkt und auch in Gefahr. Aber das Kirchenjahr scheint unabhängig davon seinen Rhythmus zu haben und diesen vorzugeben.

Jetzt kommt die Zeit der Nachdenklichkeit, jetzt kommt die Zeit von Einsicht und auch von Reue. Der Aschermittwoch ist ein Einschnitt. Manch einer hat sich ein Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet – Zeichen für das Vergängliche und dafür, dass alles verfliegt. Der Wechsel ist abrupt: Plötzlich ist das Närrische vorüber und wir schauen auf die Leidenszeit Jesu – eine ganze Reihe von Tagen. Und dann ist diese Zeit vorbei und plötzlich siegt die Osterfreude.

Aber jetzt haben wir erst mal eine Zeit der Ruhe. Zeit auf Nachdenkliches zu hören; Zeit den eigenen Zweifeln Raum zu geben; Zeit über den Verzicht nachzudenken; Zeit darüber nachzudenken, von welcher Stimme ich mich in meinem Leben führen lasse. Das sind leise Themen.

So werden Kirchen zu Orten der Nachdenklichkeit. So werden sie zu Orten des Innehaltens. So lässt sich aber auch Kraft schöpfen. Das Kirchenjahr empfindet in seinen Abschnitten und mit seinem Wechsel das Leben Jesu nach. Oder anders gesagt: Was zum Leben des Jesus von Nazareth gehört, spiegelt sich im Kirchenjahr wider. Freude und Leid, Jubel und Trauer, Ausgelassenheit und innere Einkehr.

Wir können, wenn wir wollen, mit dem Kirchenjahr mitgehen. Wir können wie in einen Spiegel schauen und uns fragen: Wie ist es mit meiner Freude und mit meinem Leid? Wo ist in meinem Leben Osterfreude und wo leide ich? Ja, wonach richte ich mich aus? Unser Menschsein kann, so denke ich, tiefer und deutlicher werden. Denn wir können Themen des Lebens annehmen und gestalten. Wir können dazugewinnen, wenn wir mitgehen.

Wie ein Geschenk ist es, dass ich mich hineinbegeben kann in das, was dran ist. Sieben Wochen lang währt nun die Passionszeit. Das ist auch eine Herausforderung. Eine lange Zeit der Besinnung und der Nachdenklichkeit. Eine sinnvolle Zeit, ganz sicher und ebenso eine gesegnete Zeit.

Mathias Rüß, Pfarrer in Arnstadt