Im Vertrauen leben
„Wo ist euer Glaube?“ heißt es im Lukasevangelium (Kap. 8, Vers 25).
Eine schlichte, klare Frage, die uns so direkt heute wohl kaum noch gestellt wird. Doch ich denke, es lohnt sich, diese Frage nach dem Glauben einmal an sich selbst zu richten.
Damals war es ein besonderer, ein ungewöhnlicher Augenblick, als Jesus seinen Jüngern diese Frage stellte. Sie waren gemeinsam mit einem Schiff unterwegs gewesen, als plötzlich ein heftiger Sturm aufkam. Die Jünger bekamen es mit der Angst zu tun, dass das Schiff kentern und sie alle untergehen könnten. Und Jesus schlief in dem ganzen Trubel seelenruhig. Da weckten ihn die Jünger und riefen ihm ängstlich und vielleicht auch vorwurfsvoll zu: „Meister, wir gehen unter!“ Und Jesus erhob sich und gebot dem Sturm zu schweigen. Nachdem es augenblicklich ruhig geworden war, richtete Jesus dann jene Frage an seine Jünger: Wo ist euer Glaube?
Ich denke, diese Geschichte ist auch eine Art Lebensgleichnis. Immer wieder haben Menschen große Angst, in den vielfältigen Stürmen des Lebens unterzugehen. Immer wieder fragen sich Menschen auch, wo denn Jesus bzw. Gott in solchen schwierigen Situationen ist und warum er scheinbar nichts tut, während die Stürme des Lebens toben. Und diese Frage ist legitim!
Ja, es ist erlaubt, Angst zu haben und es ist auch erlaubt, sich in dieser Angst an Jesus, an Gott zu wenden. Er kennt unsere Sorgen und Ängste und er nimmt sie durchaus ernst.
Insofern verstehe ich diese Frage: „Wo ist euer Glaube?“ nicht als einen Vorwurf – nach dem Motto: „Was seid ihr doch schwach im Glauben!“ – sondern eher als eine Zusage: „Habt doch Vertrauen, habt Glauben, wenn Ängste euch Bange machen, wenn Sorgen euch bedrücken.“ Das redet die Angst nicht klein, verdrängt die Sorgen nicht einfach, aber es zeigt eine mögliche Reaktion auf: die bestmögliche Antwort auf unsere Ängste und Sorgen ist der Glaube, das Vertrauen auf Gott und darauf, dass wir in den Stürmen des Lebens nicht allein gelassen, sondern hindurch getragen werden.
In diesem Sinne des Zuspruchs möchte ich auch das folgende Gedicht verstanden wissen, das Mut machen will, Glauben und Vertrauen zu wagen, aus dem heraus sich dann Gelassenheit und Lebensmut entfalten können für jeden neuen Tag!
Wenn wir im Vertrauen leben
werden Wind und Wellen schweigen,
Regenbogen sich uns zeigen –
über dem, was uns bedroht.
Wenn wir im Vertrauen leben
sind wir standhaft in den Stürmen,
mögen Ängste sich auch türmen –
sind wir sicher in der Not.
Wenn wir im Vertrauen leben
werden Sorgenberge weichen,
können wir uns Hände reichen –
teilen unser täglich Brot.
© 2019 Matthias Schubert
Matthias Schubert, Pfarrer im Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau