Hoffnung

Ostern, das strahlende Auferstehungsfest der Christen, ist nicht ohne Schmerz zu haben.

Es beginnt mit dem Palmsonntag, dem ersten Tag der Karwoche (kar – althochdeutsch: Klage, Trauer) und mündet in die drei Tage: Karfreitag, Karsamstag, Ostersonntag/ Kreuzigung Jesu, Totenreich, Auferstehung. Erst durch Leiden und Schmerz geht es zum Leben. Erst durch das Dunkel des Todes geht es zur Auferstehung.

Mich erinnert dieser Weg an die Weihnachtsgeschichte: Im Dunkel der Nacht wird ein Kind geboren – unscheinbar und klein, unter Schmerzen, unter unwürdigen Verhältnissen, kommt es zur Welt, strahlt sein Licht.

Ostern beginnt mit dem Ostermorgen. In der Lichtfeier in einer dunklen Kirche leuchtet zuerst eine einzige Kerze wie im Stall von Bethlehem. Und ihr Licht wird weitergegeben von einem zur anderen, bis die ganze Kirche in hellem Licht erstrahlt.

Ostern 2024. Was macht Hoffnung? Wo scheint das Licht angesichts der Kriege und Katastrophen, die wir zum Greifen nahe vor uns haben? Zunächst ist es gut, zu fragen: Was ist Hoffnung überhaupt? Die französische Philosophin Corine Pelluchon sagt: Hoffnung kann man nicht machen. Hoffnung ist eine Art Energie. Hoffnung erfordert, dass wir das Böse, unsere eigene Fehlbarkeit und die Probleme, anerkennen. Hoffnung hat etwas zu tun mit Realismus, auch mit Verzweiflung und mit Schmerz, die anerkannt sein wollen. Das Ureigene der Hoffnung ist es, dem ein Dennoch, ein Trotzdem entgegenzusetzen und eine Zukunft anzukündigen, obwohl die Gegenwart sehr schmerzhaft ist.

Etwa wie bei den Propheten Jesaja und Micha: In einer Zeit des Krieges und der Zerstörung schauen sie weit voraus auf das, was kommen wird, in ferner Zukunft: Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter. (Jesaja 11.8) Sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. (Micha 4.5)

Freilich liegt die Erfüllung dieser Hoffnung auch 2.500 Jahre später noch weit in der Zukunft. Und gleichzeitig haben diese starken Bilder ihre Kraft bis heute nicht verloren; ebenso wenig wie die Verheißungen, die Jesus in der Bergpredigt (Matthäus 5) gemacht hat: 4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. 9 Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. 44 Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.

Ostern 2024. Das Auferstehungsfest der Christen ist nicht ohne Schmerz zu haben. Auch die Frauen, die nach Jesu Tod an sein Grab kommen, erleben das. Aber im Schmerz, in der Angst, zeigt sich Jesus und ruft die alten Hoffnungsbilder wieder auf. Diese nehmen die Angst nicht, aber sie eröffnen eine andere Perspektive, weg vom Tod und hin zum Leben: Hoffnung – dennoch.

Christine Behrend, Pastorin in Unterpörlitz und Klinikseelsorgerin