Fürchtet euch nicht
31. Oktober – Reformationstag. Mitten in der Pandemie. Kann sein, dass das Gedenken an die Reformation diesmal ziemlich untergeht.
Ich aber will bewusst das Evangelium für diesen Tag hören. Es zielt ins Zentrum meiner Angst. Jesus sagt: Fürchtet Euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können. (Matthäusevangelium 10, 28). Fürchtet Euch nicht. Das rief der Engel den Hirten zu, die nicht wussten, wie ihnen geschah in der allerersten Heiligen Nacht.
Nun gebraucht der erwachsen gewordene Jesus selbst die Engelworte und ruft sie seinen Freunden zu. Ich höre sie heute für mich, mitten in den Sorgen vor Ansteckung, in der Sorge um Familie, Freunde, mitten in unseren Existenzängsten, umgetrieben von der Frage: Wie werden wir das alles überstehen? Fürchtet Euch nicht vor denen, die den Leib töten. Ja, diese unverschämten Viren können mich töten. Meinen Körper. Aber meine Seele nicht. Denn ich bin mehr als mein zerbrechlicher Körper. Bei Euch sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt, führt Jesus aus.
Der Reformationstag ist für evangelische Christen ein Anker. Gerade in diesen gefährlichen Zeiten tut es gut, wenn ich mich neu festmachen kann im Glauben, indem ich daran erinnert werde, was aus protestantischer Sicht das Wichtigste ist: Ich gehöre nicht mir selbst. Gott hat mir mein Leben geschenkt, von ihm komme ich. Und zu ihm gehe ich. Ich bin in seiner Hand. An jedem Tag meines Lebens. Mein Ich ist in Gottes Hand, was auch geschieht. Da ist es gut aufgehoben. Das zu hören, verankert mich neu und lässt mich vertrauen.
Das zu glauben, hat Martin Luther und den anderen Männern und Frauen vor 500 Jahren Kraft gegeben, gegen Papst und Kaiser aufzustehen. Das hat Christen in der DDR widerständig gemacht und ließ sie Freiheit einfordern. Das macht uns heute stark, ein unsichtbares Virus auszuhungern und dadurch Leben zu retten. Wir wissen ja, wie jeder mitmachen kann, damit uns das noch einmal gelingt. Fürchtet euch nicht – für mich ist in diesem Jahr der Reformationstag schon ein bisschen weihnachtlich.
Superintendentin Elke Rosenthal, Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau