Kindgeburt

Diese Woche habe ich unser neugeborenes Enkelkind zum ersten Mal besucht.

Ein Wunder ist es für mich immer wieder, so ein kleines Menschlein auf dieser Welt zu begrüßen – eine große Freude und auch ein Zeichen der Hoffnung, dass das Leben weiter geht unabhängig von allem, was uns innerlich und äußerlich beschwert.

Ich sehe dieses Kind an und bin berührt vom Glück der Eltern. Gleichzeitig frage ich mich natürlich auch, in welche Zukunft wird dieses Kind hineinwachsen? Nicht nur, dass Kinder unendlich viel Liebe brauchen. Sie brauchen auch Raum, Zeit und eben auch materielle Mittel. Für meinen Enkelsohn ist gut gesorgt, aber es gibt eben auch das andere:

Dass Kinder als Armutsrisiko in Deutschland gelten, wird für manche Familien existentiell spürbar. Und trotzdem: „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben!“ Welche Freude! So steht es übrigens beim Propheten Jesaja in der Bibel. Auch ihn hat der Anblick eines Neugeborenen einmal tief beeindruckt. Das Bild eines Neugeborenen hat er vor seinem inneren Auge gesehen.

Aufgefallen sind ihm die schmalen, weichen Schultern. Und dann sah er, wie auf diese Schultern die Königsherrschaft gelegt wurde und in die winzigen Händchen die Verantwortung für ein ganzes Volk. Eine Vision – eine Wahrheit, die Gott selbst seinem inneren Auge zeigte. Und verbunden mit diesem Kind wurde die Hoffnung, dass alles gut wird.

Als der Prophet später davon redete, klang es verrückt. Er gab dem Säugling Supernamen: „Er heißt Wunder-Rat“ - durch das Kind kommt unsere ratlose Welt zur Einsicht! „Gott-Held“ - das Kind stärkt unsere gottlose Welt mit neuem Glauben! „Ewig-Vater“ - das Kind öffnet in unserer vom Tod beherrschten Welt die Quelle des Lebens! „Friede-Fürst“ - das Kind stiftet in unserer Welt voller Streit und Krieg Versöhnung! „... dem sollst du den Namen Jesus geben“, sagt der Engel zu Maria und auch zu Josef. Was Jesaja gesehen hat, ist in Jesus anzufassen. Jesus! Auch das ist so ein Supername: „Gott bringt Hilfe.“ Und noch mehr: „Gott schafft Rettung". Ja, sogar: „Gott schenkt Heil.“

Die Adventszeit, die morgen beginnt, ist die Erinnerung daran, dass Menschen darauf warten, dass alles gut wird; dass die ratlose Welt zur Einsicht kommt, dass Glauben und Vertrauen wachsen, dass das Leben den Tod besiegt, dass Versöhnung geschieht, das Hilfe kommt! Die Erwartung, dass Gott in alle Dunkelheit hineinsieht und es hell werden lassen will.

In diesem Advent wird es stiller sein als sonst. Ob es besinnlicher wird? Ich weiß es nicht, aber in diesem Advent spüre ich deutlicher die Sehnsucht in mir, dass es doch gut werden muss und auch gut werden kann.

Eine besinnliche und hoffnungsvolle Adventszeit wünscht
Pfarrer Andreas Wucher, Ilmenau