Gottes Same in unserer Welt
Sup. Angelika Greim-Harland (Arnstadt), Predigt zum mdr-Rundfunkgottesdienst am 08.02.2015.
Als eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu Jesus eilten, redete er in einem Gleichnis:
"Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen´s auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten´s. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht."
Als er das sagte, rief er: " Wer Ohren hat zu hören, der höre!"
Lukas 8, 4-15
Rechnen tut sich das nicht, liebe Gemeinde, liebe Hörerinnen und Hörer, was der Sämann, der Gärtner, da macht, von dem wir eben im Evangelium gehört haben. Das ist verschwenderisch und geht durch keine Wirtschaftsprüfung.
Wer sät schon
- auf einer Straße,
- oder wo nur Steine sind
- oder im Gestrüpp?
Das ist anstößig, das kann ja nichts werden, das weiß selbst ich als Hobbygärtnerin. Unser Abschnitt stammt aber nicht aus einem Gartenhandbuch, sondern aus dem Buch, indem es um Gott und sein Reich geht. Jesus erzählt davon, wie ein Sämann seinen Samen bedingungslos ausstreut. Dem Samen geht es danach ganz unterschiedlich. Jesus benutzt Bilder, die uns geläufig sind und erzählt dabei von dem, was wir nur schwer mit Worten sagen können:
er spricht von uns,
unserem Leben,
unseren Beziehungen
und von dem, von dem alles kommt.
Der Same ist das Wort Gottes. Es geht also um Erbgut, um einen Bauplan. Wo wird dieser Same aufgehen und zunächst mit kleiner Kraft beginnen und dann ganz groß werden? Gottes Wort hat eine andere Qualität als unser Menschenwort. Wo er spricht, geschieht es, sein Wort
- ist Energie,
- ist Schöpferkraft,
- ist Liebe und Leben.
Nicht immer können wir das fassen, aber ein winziges Stück reicht schon, um alles neu zu verstehen, mich selber, unsere Welt und auch Gott.
Nun trifft das Wort Gottes ganz verschiedene Situationen und Bodenqualitäten in unserer Welt. Jesus erklärt es so: "Die auf dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihren Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden."
Der Teufel ist ein starkes Wort. Ich will beschreiben, was ich beobachte: Da fühlen sich Menschen wie ausgeliefert, auch wenn sie das Beste wollen, es gelingt ihnen nicht. Als ob eine Macht am Werk ist, die alles verdreht und das Leben beschädigt und zerstört.
- Gewaltopfer berichten das.
- Kinder die gehänselt wurden, oder gar misshandelt.
- Menschen aus Krisengebieten.
Das ist die Abwärtsspirale des Terrors, der Gewalt, des Krieges. Wir haben sie täglich in den Nachrichten vor Augen. Da hat der kleine Samen keine Chance, es ist, als wäre er nicht gesät worden - wie weggenommen. Und doch ist er auch dort, er darf sich nur nicht entfalten. Er wird von Stiefeln zertrampelt, mit Panzern überrollt und mit Sturmgewehren zerschossen.
Jesus redet weiter von uns und unserer Welt und dem Leben: "Die aber auf dem Fels, das sind die: wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Doch sie haben keine Wurzeln; eine Zeit lang glauben sie, und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab."
"Die auf dem Felsen" spüren den Widerstand.Konflikte tun sich auf, Probleme häufen sich an. Da wird man doch noch auf die Straße gehen dürfen, oder? Hat sich doch genug angestaut. Dass manche Parolen plump sind, kann ich nichts dafür. Viele machen es doch so, warum soll ausgerechnet ich aussteigen?
- Soll ich etwas sagen gegen Ausländerfeindlichkeit,
- soll ich etwas sagen, wo die Angst vor dem Islam geschürt wird, ohne zu differenzieren?
Ich weiß, es müsste sich was ändern. Aber wie aussteigen?"Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu," heißt darum das Motto einer Fastenaktion, die bald wieder beginnt. Wo wage ich den Widerstand, wo steige ich aus aus dem, wie es immer läuft und probiere Neues aus? Wo das geschieht, da kann sich der felsige Boden in mir zum guten Land wandeln. Da wird was durchlässig hin auf ein Leben, das viel größer und weiter ist, als ich im Moment spüre.
Jesus redet weiter: "Was aber unter die Dornen fiel sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht."
Wo Sorgen so groß werden, dass nichts anderes mehr Platz hat, da ersticken sie alles andere, da dreht sich alles nur um sie. Es fällt uns nicht schwer Sorgen aufzuzählen, jede und jeder könnte schnell seine Sorgenliste zusammenstellen. Wie kommt man aber aus diesem Dreh wieder heraus, dass die Sorgen mich fest im Griff haben? Gibt es da noch was anderes, wichtiges?
Weiter sagt Jesus: Nicht Reichtum und Freuden sind per se schlecht, aber sie können eine solche Eigendynamik bekommen, dass alles andere ausgeblendet wird. Wie das sein könnte, wenn wir z.B. nicht immer mehr anhäufen, sondern abgeben, das buchstabieren wir mühsam als Gesellschaft und als einzelne durch. Und: Wer in seiner Freizeit nur auf Spaß aus ist, verliert den Blick auf das, was uns lebendig hält.
Der ausgestreute Samen hat unter den Dornen kaum eine Chance aufzugehen, geschweige denn Frucht zu bringen. Und dabei ist doch alles in ihm schon angelegt.Der Sämann möchte, dass der Samen aufgeht. Das Wachsen und Reifen hat mit Gottes Reich zu tun. Es wächst
- bei uns
- und in uns
- und unter uns.
Gott tut das Seine, damit es wachsen kann, ja er gibt sich sogar selbst als Samen hin, der aufgeht in einer Welt, die scheinbar immer gottloser wird. Er verschwendet
- seine Liebe,
- sein Leben,
- seine Barmherzigkeit
an uns Menschen, die wir so mühevoll lernen, worauf es wirklich ankommt.
Wo der Samen aber auf gutes Land fällt, da hat es sich hundertfach gelohnt. Da wächst das Reich Gottes im Reich der Menschen und verwandelt es auf wundervolle Weise.
- Da wird das Leben schön,
- da scheint ein Licht in der Finsternis,
- da wächst Leben, wo alles tot war,
- da erneuert die Liebe unsere Welt.
Jesus sagt:"Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen und guten Herzen und bringen Frucht in Geduld."Was braucht es dafür:
- zuerst das Hören,
- dann das Behalten
- und dann das Geduldigsein und warten.
Das sind Verhaltensweisen, die wir üben sollen: Hören, nicht die vielen Worte, die hingesagt werden, die keine Kraft haben. Gottes Wort hören braucht etwas Übung,er spricht leise und es ist oft so innerlich, dass es der Stille bedarf, um es zu hören.
Dann das Behalten im Herzen. Das Herz ist der Ort, um den es in mir geht.
Ein feines, gutes Herz haben - darin kann der gute Same aufgenommen werden und findet ideale Wachstumsbedingungen vor.
Das Herz als Ort in mir, wo Gott sein und bleiben darf und wo ich bin, die ich bin. Das Herz als Begegnungsort, Quelle und Taktgeber des Lebens.
Von da aus geht es nach außen - hundertfach, ohne dass ich genau sagen könnte, wie es geschieht. Aber dafür ist Gott verantwortlich.
Ich bin zuständig, dass sein Wort bei mir ankommen, bleiben und wachsen darf, täglich.
Jesus sagt: Gottes Reich ist heute und hier anwesend. Es will bei dir wachsen.
Vieles kannst du nicht ändern, es ist wie es ist. Wo du aber dieses Wort hörst, hier in der Kirche oder am Radio - und in deinem Herzen bewegst, bewahrst, und ihm Raum gibst,gehörst du dazu, zum Reich, das nicht von dieser Welt ist und doch in dieser Welt wirkt. Darauf lässt sich bauen und vertrauen. Amen.