Friede auf Erden
Auch in diesem Jahr erleben wir äußerlich wieder eine schwierige Situation in der Advents- und Weihnachtszeit.
Corona-Erkrankungen und all die Bestimmungen rund um das Thema reiben uns auf; es gibt hitzige Debatten, die nicht selten zu Spaltungen führen – in unserer Gesellschaft, bis in unsere Freundeskreise und Familien hinein. Da ist die Sehnsucht nach Frieden bei uns verständlicherweise groß. Und JA, dieser Friede ist möglich – jetzt und hier kann er in uns beginnen – denn zu Weihnachten erinnern wir uns daran, dass GOTT in unsere Welt, dass GOTT zu uns kommt, und das bedeutet: selbst wenn äußerlich Unfriede herrscht, kann doch in uns, in unseren Herzen durch Gottes Gegenwart ein echter tiefer Frieden entstehen!
Ich will ihnen dazu von einem wahren Weihnachtswunder erzählen, das tatsächlich so geschehen ist. Dezember 1914, in Flandern: Mitten im Krieg, zwischen den Fronten und Schützengräben breitet sich plötzlich ein unvorhersehbarer Friede zwischen den Deutschen auf der einen und den Engländern, Franzosen und Belgiern auf der anderen Seite aus.
Die Soldaten der verfeindeten Nationen legen ihre Waffen nieder und feiern gemeinsam Weihnachten. Sie singen Weihnachtslieder, tauschen Tabak und Pfeifen, Schnaps und Wein, zeigen sich Fotos ihrer Familien und reden miteinander über ihre Sehnsucht nach dem Frieden. Es finden sogar Fußballspiele statt. Und alles wird fotografiert.
Doch die Herren des Krieges – weitab von jedem Schuss – dulden diese weihnachtliche Versöhnung nicht. Sie drohen mit harten Strafen und befehlen, wieder zu schießen. Und so beginnt am dritten Tag erneut der blutige Alltag des Mordens. Dennoch war es ein schier unglaubliches weihnachtliches Wunder. Ein spontaner Waffenstillstand, der bislang (leider) wohl ein einmaliges Ereignis in der Weltgeschichte geblieben ist. Die Kraft von Weihnachten hat das unmöglich Scheinende möglich gemacht: Friede auf Erden – Frieden zwischen verfeindeten Soldaten – ist wenigstens für einige Stunden Wirklichkeit geworden.
Friede auf Erden – das hatten auch die Engel auf dem Felde damals den Hirten verkündet, als Jesus geboren war. Und das war damals durchaus auch eine dunkle und friedlose Zeit. Auch wenn wir die Weihnachtsgeschichte heute sehr wunderbar und friedlich empfinden mögen: eine pure Idylle war das damals sicher nicht!
Josef und Maria mussten sich auf Anweisung der römischen Besatzungsmacht unter schwierigsten Bedingungen auf den Weg nach Bethlehem machen und später mit ihrem Neugeborenen vor einem paranoiden Tyrannen fliehen. Überhaupt: ein „Armeleutekind“ ist dieser Jesus gewesen, den die Engel den Hirten als „Friedensbringer“ verkündeten. Und doch geht von diesem kleinen Kind und dem Ereignis seiner Geburt eine wunderbare Kraft aus, die bis heute Menschen verwandeln und die Welt verändern kann. In seinem Leben hat dieser Jesus dann wie kein anderer Liebe, Frieden und Versöhnung bewirkt und tut dies bis heute!
Wie damals 1914 ein kleiner Frieden im großen Krieg auf wunderbare Weise möglich wurde, so kann es auch heute im Jahr 2021 solche Weihnachtswunder geben, wo Menschen bereit sind, sich dem Weihnachtsfrieden und dem Kommen Gottes in unsere Welt zu öffnen.
Denn: Wo Gott uns nahe kommt, heilt er uns mit seiner Nähe, seiner Liebe, seinem Licht! Und so können wir erfahren, wie ein tiefer innerer Friede in unsere Herzen Einzug hält. Dass wir dies so erleben mögen, wünsche ich uns allen in diesen Tagen!
Matthias Schubert, Pfarrer in Neustadt am Rennsteig und Umgebung