Dem Geist vertrauen
Welchem Geist vertrauen wir? Pfingsten wird über den Turmbau zu Babel gepredigt.
Vielleicht sind Ihnen schon Bilder von diesem nicht fertiggestellten Turm begegnet. Man hat Fundamente gefunden, deren Alter bis 2.000 v. Chr. geschätzt werden. Der Turm blieb eine Bauruine, weil die Menschen sich nicht mehr verständigen konnten.
Die Bibel erzählt, Gott schaute sich die Sache an und verwirrte die Sprache der Menschen. Beachtenswert ist der Anlass des Bauvorhabens. Die Leute handelten aus Angst. Sie befürchteten, sie könnten über die Erde verstreut werden. Da entwickelten sie diesen ehrgeizigen Plan, um beieinander zu bleiben, und wollten sich damit einen Namen machen. Sie waren in die Geschichte eingegangen, aber mit einer kolossalen Fehlinvestition.
Bis heute gelingt es der Menschheit nicht, sich zu verständigen. Das Thema wird gepredigt, weil Gott am Pfingstfest nach der Auferstehung von Jesus das Problem auf seine Art gelöst hat: Der Heilige Geist hatte den Aposteln die Fähigkeit verliehen, den ausländischen Pilgern in Jerusalem die Botschaft der Liebe Gottes in ihrer eigenen Muttersprache zu sagen.
Das hat sie angesprochen. Sie erkannten: ich bin gemeint. Egal, woher ich komme, Gott möchte mich zu seinem Kind machen, mit mir durchs Leben gehen und mir die Auferstehung schenken. Seitdem fühlen sich Menschen, die zu Christus gehören, auf der ganzen Welt zusammengehörig.
Ich habe es erlebt. Obwohl ich die afrikanische Sprache nicht verstand, fühlten wir uns verbunden durch den Heiligen Geist. Dieser Geist der Liebe und des Trostes kennt keine Angst. Er lässt keinen Turm der Sicherheit bauen. Er schürt keine Angst vor einem Virus. Er tröstet, er ist barmherzig, gibt Kraft, heilt und schenkt neues Leben.
Der Heilige Geist lässt uns die Schöpfung achten. Angst vor einem Klimawandel kennt er nicht. Er treibt uns nicht zu ehrgeizigen Zielen, mit denen wir uns einen Namen machen. Wie Gott auf seine Art die Menschen mit sich selbst und untereinander verbindet, so wird er auf seine Art einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, wenn die Zeit reif ist. So hat es Jesus versprochen – und erwartet unser Vertrauen.
Thomas Walther, Pfarrer in Griesheim