21.12.2016
...und Friede auf Erden
Die Online-Redaktion wünscht Ihnen, Ihren Angehörigen, Freunden und Bekannten ein friedvolles, besinnliches Weihnachtsfest und ein gesegnetes neues Jahr 2017.
Lassen Sie sich trotz aller Schreckensnachrichten des nun fast vergangenen Jahres anrühren von dem Geschenk, das uns und allen Menschen der liebende, barmherzige Gott mit der Geburt eines kleinen Kindes gemacht hat.
Dialogpredigt von Superintendentin Angelika Greim-Harland (Arnstadt) und Ulrike Greim, Rundfunkbeauftragte der EKM (Weimar)
A. Greim-Harland: Gnade sei mit euch und Frieden von Gott unserem Vater und unserem Herrn und Heiland Jesus Christus. Amen.
U. Greim: So ist Weihnachten. Alles ist hell erleuchtet. Volles Ballett. Kronleuchter, Kerzen, alle Gesichter strahlen. So muss es sein. Weihnachten ist ein Fest des Lichtes. Mitten in der dunkelsten Zeit des Jahres. Weil wir es gerade da so nötig brauchen: Wenn die Tage so kurz sind. Und die Nacht so lang. Das haben sich die Kirchenväter gut ausgedacht, das Fest der Geburt Jesu genau in diese Zeit zu legen. Weil es passt. Weil man die Aussage geradezu sehen kann: Gott macht es hell. Mitten in der dunklen Welt. Er kommt zu uns. Wird ein Mensch wie wir. Und bringt uns das Leben zurück. Das volle, das ganze Leben, das pralle Leben. Das kluge Leben. Das weitsichtige, das offenherzige. Schon komisch, dass uns just dieses Leben immer so leicht abhanden kommt...
A. Greim-Harland: Ich kann dieses Leben eben auch nicht einfach besitzen und festhalten. Das ist der Irrtum, dem wir heute schnell verfallen. Wir meinen leicht, alles zum Leben notwendige kann ich kaufen oder konsumieren. Dann müssten die am Glücklichsten sein, die viel haben – aber dem ist bekanntlich nicht so. Wie viele Geschenke wechseln heute Abend den Besitzer – und was sind wirkliche Geschenke, die zu Herzen gehen? Dass Gott uns was schenkt, was grundlegend wichtig ist, das hat was mit meinem Inneren zu tun und mit Haltung und mit Glauben und Liebe. Also: Da geht es um mich und ob ich meine „religiösen Muskeln“ betätige. Finde ich eine Antwort auf dieser Ebene? Nicht alles erschließt sich sofort. Für manche Fragen braucht es auch erst einen Weg, den ich gehen muss, um eine Antwort zu finden. Schlimm wäre, sich gar nicht erst aufzumachen.
U. Greim: Glauben heißt also: Sich aufzumachen, Licht zu suchen. Wo ist echtes Licht? Lampen gibt es gerade überall. Deutschlandweit sollen es 9 Milliarden Lampen sein, die 760 Millionen Kilowattstunden verbrauchen, die jeden Advent zusätzlich angeschaltet werden. Das ist der Energieverbrauch einer ganzen Stadt – so groß wie Erfurt – pro Jahr. Diese Helligkeit ist aber nicht gemeint. Es geht um ein Licht, das innerlich hell macht.
A. Greim-Harland: Wie gerne sehen wir strahlende Kinderaugen oder diesen Zauber, wenn zwei Menschen sich in die Augen schauen und sagen: ich liebe dich! Dieser Glanz kommt von weiter her. Das kann keine noch so tolle Firma auf ein Werbeplakat zaubern. „Ich bin angerührt“ – oder: „du hast mich angerührt“ . Weihnachten hat was mit unserm Herzen zu tun. Lasse ich da noch einen Raum für Gott, dass er mich anrühren kann, dass er bei mir wohnen darf? Es tut gut Menschen zu begegnen, denen man das abspürt, dass sie in einer lebendigen Beziehung zu Gott leben. Auch wenn damit noch nicht alle Fragen beantwortet sind.
U. Greim: Was, wenn einem das Licht ausgeschaltet wird? Therese hat jahrelang in Angst gelebt. Vor ihrem Stiefvater. Weil er ihr auf die Pelle gerückt ist. Sie wusste sich nicht zu wehren. Dachte, so sei halt das Leben. Bedrückend, gewalttätig. So, dass man nicht entkommen kann. Finster. Bis sie vom Kinderschutzbund hörte. Und um Hilfe bat. Der hat ihr herausgeholfen. Mit einer Wohngruppe, einer Therapie. Nein, das Leben ist nicht nur finster. Es gibt auch Menschen, die es gut mit einem meinen. Die ein Licht anzünden. Die es hell machen. Ganz langsam. Wie im Advent. Erst eins, dann zwei. Mehrere Jahre hat sie gebraucht. Hat dann Anzeige erstattet. Der Prozess tat weh. Aber der alte Mann wurde letztendlich verknackt. Hinter Gitter. Und sie ist frei. Licht kommt in die Finsternis. Und die Finsternis muss weichen.
A. Greim-Harland: Es gibt auch bei mir Tage, da bin ich blind und taub für das, was Gott tut und was er durch mich tun will. Dann hilft mir nur, an dem festzuhalten, was ich schon mal erfahren habe mit ihm: Gott kennt mich mit meinen hellen und dunklen Seiten. Gerade darum muss Dunkel nicht Dunkel bleiben. Er setzt da an, wo ich gerade bin. Das Gebet hilft mir, den Faden nicht zu verlieren – und das Schauen auf den Weg Jesu Christi. Er kam in Dunkelheit und hat sie erhellt. So schreibt es der Evangelist Johannes im ersten Kapitel. So ist es bis heute und hier. Und zu Weihnachten fokussieren wir darauf, dass in dieser dunklen Welt ein Licht strahlt. Und wir haben viel zu tun, dieses Licht anzuzünden, wo Unrecht geschieht, wo Gewalt herrscht und die Liebe verraten wird. In Berlin haben wir es ja gesehen, wie der Terror alles verändert. Da braucht uns Gott ganz dringend.
U. Greim: Berlin. Der Terror hat alles geändert. Für Baha. Baha ist kleiner fröhlicher Knirps. Er turnt herum. Vor wenigen Tagen, bei der feierlichen Eröffnung für ein größeres Wohnprojekt der Hilfswerksiedlung: Für Familien, Einheimische und Geflüchtete. Ein Freund von mir ist dabei. Er fragt den Jungen Baha, woher er kommt. „Eineinhalb Jahre Turnhalle“, sagt er in akzentfreiem Deutsch. Und vorher? „Aleppo“, sagt er. Wie schön, dass er heute in Berlin ist, schreibt mein Freund. Und mit seiner Familie jetzt eine Wohnung hat. Er ist vor dem Terror geflohen und nun in Sicherheit. Weihnachten in Frieden. Das Licht von Weihnachten – es gilt nicht nur deutschen Familien. Es gilt der Welt. Es soll genau dahin scheinen, wo es jetzt finster ist.
A. Greim-Harland/ U. Greim: Wir wünschen ihn zu diesem Weihnachtsfest Momente, wo sie sicher wissen: Gott hat uns umarmt und Finsternis ist nicht finster bei ihm. Auch wenn wir es oft noch nicht sehen können, - so wird er den Schmerz verwandeln, - er wird das Leid verwandeln, - er wird die Tränen abwischen, - er wird die Gebeugten aufrichten, - er wird den Opfern zu ihrem Recht verhelfen, - er wird die Starken stärken zu allem Guten - und es hell machen.
U. Greim: Deswegen dürfen wir heute feiern. Wir feiern das Licht des Himmels. Es macht uns hell und warm. Es kann uns sogar innendrin, wo es frostig ist, auftauen. Und wir werden selber hell und warm.
A. Greim-Harland: Und wir können es anderen hell und warm machen. Jeder und jede von uns kann das.
U. Greim: Das kann man sogar fühlen. Wollen Sie mal? Reichen Sie einander die Hand.
A. Greim-Harland: Gott verbindet sich mit uns. Wir verbinden uns untereinander. Wir verbinden uns mit Gott. Das ist Weihnachten! Amen.