15.01.2013
Kantor Oswald Mämpel (Plaue) spielt seit 60 Jahren Orgel
Tischlermeister und Kantor zugleich - Oswald Mämpel (Plaue) ist beides und ist in beiden Berufen ein Leben lang aufgegangen. Kürzlich feierte er sein 60jähriges Dienstjubiläum als Kantor von Plaue und Kleinbreitenbach.
Der Mann lässt sich nicht so leicht unterkriegen: „Nach meiner Kantorenprüfung schüttelte mir ein blinder Kollege die Hand und meinte: ‚Mit diesen Pfoten willst du Orgel spielen?!‘“ Oswald Mämpel erzählt es mit einem Lächeln. Der Tischlermeister mit den kräftigen Händen bedient seit 1953 Sonntag für Sonntag die Orgeln von Plaue und Kleinbreitenbach; 1954 legte er seine Prüfung zum C-Kantor ab. Am 6. Januar 2013 feierte er sein 60jähriges Dienstjubiläum, das in der Plauener Liebfrauenkirche mit einem Festgottesdienst begangen wurde.Zunächst erlernte Mämpel nach dem II. Weltkrieg den Beruf eines Tischlers und übernahm nach bestandener Meisterprüfung den Betrieb seines Vaters – und diente auch damit seiner Kirchengemeinde: Die Stufen fürs Lesepult stammen ebenso aus seiner Werkstatt wie das Kirchengestühl. Doch eine Sternstunde erlebte Mämpel 1986: Als die von der Orgelbauwerkstatt Schönefeld (Stadtilm) gefertigte Orgel reparaturbedürftig wurde, bekam seine Werkstatt den Auftrag, sie zu sanieren. Ganz offensichtlich war die „Königin der Instrumente“ bei ihm in guten Händen – und seit der Sanierung bespielt Oswald Mämpel sie mit ihren 12 Registern wieder raumfüllend und herzerwärmend.
Doch bis er diese Virtuosität erreicht hatte, war es für ihn ein weiter Weg: Vier Jahre Klavierunterricht, ein Jahr Orgelausbildung an der Arnstädter Bach-Orgel, die Kantorenprüfung bei dem späteren Thomaskantor Erhard Mauersberger und viele Stunden autodidaktischen Übens paarten sich mit einer von den Eltern geerbten Musikalität. All das machte Oswald Mämpel zu einem bis heute gefragten Kirchenmusiker, der nicht nur in Gottesdiensten, sondern auch zu Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen spielt. Und mit seinen inzwischen stolzen 84 Jahren leitet er auch weiterhin den Männerchor Plaue und den Volkschor Arnstadt.
„Er schafft es, im Handumdrehen aus einfachen Melodien mehrstimmige Sätze zu zaubern“, zeigt sich Reinhilde Naumann begeistert. Die Plauenerin ist langjähriges Mitglied des Gemeindekirchenrates und so etwas wie die „gute Seele“ der Kirchengemeinde. Doch im letzten Jahr ereilte die Gemeinde ein einschneidendes Ereignis: „Wir haben gekämpft wie die Löwen, dass das hiesige Pfarramt erhalten bleibt – leider ohne Erfolg“, meint die engagierte Frau, an der seit dem Wegfall der Pfarrstelle vor allem die Büroarbeit hängen bleibt. Doch damit der Einsparung nicht genug: Seit die Plauener Kirchengemeinde zum Pfarrbezirk Arnstadt gehört, finden in der Liebfrauenkirche die Gottesdienste nur noch aller 14 Tage statt. „Die Gemeinde schrumpft immer weiter, und meistens sind wir nicht mehr als 20 Leute im Gottesdienst“, meint Frau Naumann bedauernd.
Doch nicht nur das bereitet ihr Sorge: „Auch einen Nachfolger für Kantor Mämpel gibt es bisher nicht.“ Bis jetzt sei er zwar bei guter Gesundheit und versehe die Kantorendienste in bewundernswerter Weise, aber: „Niemand wird jünger.“
Pfarrer Hans-Peter Kopitzsch, seit 2012 zuständig für Plaue, bestätigt: „Sollte Herr Mämpel irgendwann nicht mehr können, haben wir ein Problem.“ Doch die Gemeinde sei damit kein Einzelfall, die Nachwuchssorgen bei Kirchenmusikern bestünden allgemein: „Wer macht schon heute noch Sonntag für Sonntag zwei oder mehr Gottesdienste?“ Hinzu kämen finanzielle Kürzungen im Bereich der Kirchenmusik: „Und die treffen selbst Leute, die jetzt schon bis Anschlag arbeiten“, betont Kopitzsch. Oswald Mämpel hingegen möchte die Orgel bedienen, solange er noch irgend kann: „Es macht mir einfach große Freude.“
Rainer Borsdorf