21.06.2023
Arnstädter des Jahres

Anlässlich der Wahl von Kreiskantor Jörg Reddin zum "Arnstädter des Jahres" hat Pfarrer Thomas Kratzer sein Wirken gewürdigt. Die Laudatio im Wortlaut:

Eine Laudatio also, ein Lob auf den Arnstädter des Jahres 2023. Und da sag ich gleichmal: Alle Achtung! Mit der Betonung zunächst auf: Achtung!

Denn wer den hier zu Lobenden kennt, wer schon einmal Kontakt hatte, so ganz nah dran war an ihm, oder wer womöglich heute noch in näheren Kontakt kommt mit ihm, der muss – nun, ich will nicht sagen: höllisch – aber aufpassen sollte er schon: es könnte sein, dass die Freude, die ihn zuweilen beseelt, die Freude am Dasein, die Freude an seiner Arbeit nicht nur in ihm selbst hocken bleibt, sozusagen im stillen Kämmerlein des künstlerischen Gemüts, sondern dass diese Freude mit ihm durchgehen kann, sie Fenster und Türen aufreißt und überspringt und einen – kommt man ihm in dieser Phase in den Weg regelrecht anbläst.

So viel Kraft. Soviel Geist. Soviel Enthusiasmus. Man muss dann schon gelernt haben: stehenbleiben zu können. Und: zuhören zu können. Und es kann sein, dass dieser Wind zum Sturm sich weitet, dass neben Herz und Mund nun auch noch seine Hände im Überschwang zu reden, zu erzählen beginnen – ich weiß jetzt nicht genau, welche von beiden es ist. Auf jeden Fall: Angewinkelt der Arm. Und der Zeigefinger lang und länger, nicht ganz gerade wie ein Dirigentenstab, sondern leicht durchgebogen, ein Zeigefinger, den es im Original zu bestaunen gibt, auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünwald, der Zeigefinger Johannes des Täufers, mit dem er auf den gekreuzigten Christus weist.

Illum oportet crescere Me autem minui. Hat Grünewald diesem Finger eine Stimme gegeben. Ein Wort aus dem Johannesevangelium (Joh 3,30): ER (Christus) muss wachsen, Ich aber muss abnehmen.

Und das ist ja die Wahrheit. Nicht nur für einen, der vor kurzem 50 Jahre alt geworden ist. Und mit 40 hierhergeschwemmt wurde – wie man landläufig zu sagen pflegt. Vom Ostseesand zum Gera-Strand (wo ist der eigentlich?). Der sich so unermüdlich in den Dienst stellt. Hier bei uns. Und irgendwie: Zu einem Gesicht der Stadt geworden und jedenfalls gar nicht wegzudenken ist. Auch wenn sein Kosmos noch andere Sterne kennt als Arnstadt.

Naja, des Künstlers Brot ist freilich auch der Applaus. Den mag er auch – wie sollte es anders sein. Und den beschafft er sich auch reichlich – wer wollte ihm das verdenken. Aber mit seinem Zeigefinger zeigt er immer auch weg von sich, zeigt auf sein Amt und Werk, dem er sich mit Herzen, Mund und Händen verschrieben hat: ER, Christus, muss wachsen. Und womöglich ist es sein Wort und Geist, der Pfingstgeist unseres HERRN, der sein Wesen und Werk so lebendig und kräftig und schärfer macht, wie es der Hebräerbrief (Hebr 4,12) unübertroffen sagt.

Und wie es so viele von uns schon mit ihren Ohren geschmeckt haben. Viele wollen hoch hinaus. Unser Preisträger muss hoch hinaus. Und das nicht nur jeden Sonntag. Genau genommen sind es 49 Stufen. Um dann oben zu wirken, aber nicht von oben herab. Denn was es da zu hören gibt, soll durchdringen, soll scheiden nicht nur Seele und Geist, sondern auch Profanes vom Heiligen, um Raum zu öffnen und zu weiten für das, was Johann Sebastian Bach uns ins Stammbuch geschrieben hat: "Bey einer andächtig Musiq ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart.“

Eine Laudatio also auf den zu Ehrenden, den Arnstädter des Jahres 2023. Laudare – ein schönes altes Wort, das in unseren weltlichen Sprachgebrauch eingewandert ist. Es nährt sich aus einer eminent geistlichen Bestimmung: Laudate omnes gentes, laudate dominum... So dieser schöne lateinische Gesang, der für die Communauté de Taizé in Frankreich komponiert worden ist. Und der am 22. Juni um 17.00 Uhr im ehemaligen Barfüßerkloster, auf der Baustelle des neu zu gestaltenden Kreuzhofes zu hören ist. Um sich anschließend und nebenan in die verschwitzte Melancholie einer argentinische Nacht umzumodullieren.

Laudate omnes gentes, laudate dominum, Zu deutsch: Lobsingt ihr Völker alle, lobt Gott. All ihr Völker, lobt Gott den Herrn. Und weil er sich dies zur Aufgabe gemacht hat, das Volk - nicht nur unserer schönen Stadt Arnstadt - zu laden und um sich zu sammeln, eine Gemeinde aus Welt und aus Geist, um ihnen allen, allen dieses Lob zu entlocken ...gilt ihm, dem einen, heute unser Lob, unsere Laudatio und unser Applaus. Alle Achtung –lieber Kantor Jörg Reddin!