Zutrauen

Predigt von Pfarrerin Elke Rosenthal anlässlich ihrer Einführung als Superintendentin des Kirchenkreises Arnstadt-Ilmenau am Pfingstmontag, 01.06.20 in der Bachkirche Arnstadt

Johannes 20, 19-23
Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

Liebe Geschwister in der Bachkirche,
in der St. Jakobuskirche in Ilmenau,
und liebe Geschwister zuhause oder unterwegs!

Mitten hinein in die Angst kommt Jesus.
Friede sei mit Euch – sagt er.
Wie kann jetzt Friede sein?
Die Freunde Jesu, verbarrikadiert im Haus, wissen nicht, wie es weitergeht. Und ob sie das alles überleben. Vom Frieden sind sie weit entfernt.

Er zeigt ihnen seine Wundmale. Daran erkennen sie ihn. Die Wundmale bleiben. So was geht nicht weg. Das Schmerzgedächtnis geht mit ins neue Leben. Wie bei uns.

Jesus spürt, der Friede hat sie noch nicht erreicht. Er wiederholt den Gruß. Und dann redet er gerade so weiter,
als wären die Jüngerinnen schon mutig,
als wären die Jünger schon überzeugt,
als hätte das neue Leben sie schon ergriffen.

Und ER mutet ihnen was zu: Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.

Wir – wie ER? Auf einer Ebene?
In auch nur irgendeiner Weise vergleichbar?
Tun, was ER getan hat? Dieselbe Sendung? Der gleiche Auftrag?

Das ist mir zu groß. Ob die Jüngerinnen das auch so empfanden?

Aber - bleiben wir in der geistlichen Quarantäne? Klagen wir über eine kleiner werdende Kirche, immer weniger systemrelevant, immer weniger Violett im bunten Flickenteppich der Religionen und Weltanschauungen ... was wird aus uns? Wie geht Pfingsten heute?

Der Auferstandene aber traut seinen kleinen verzagten Leuten viel zu! Aufbrüche mitten in der Pandemie! Kirche anders. Erprobungsräume - wo man hinschaut. Heute ein hybrider Gottesdienst.

Ein Experiment. Analog und virtuell, der Geist kommt überall hin. Berührt Menschen auch durch Endgeräte, immer im Wort, in der Geste, in Musik und Kunst, immer in Gemeinschaft. Wo zwei oder drei - oder ganz viele. Verbunden im Netz der weltweiten Christenheit.

Oder - ganz tief und ganz allein - schauen sie ein inneres Bild:

Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod,
und lass mich sehn dein Bilde,
in deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach dir blicken,
da will ich glaubensvoll,
dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.

Mit welchem inneren Bild werde ich sterben?

Mir ging diese Liedstrophe von Paul Gerhard unter die Haut. Als alles runtergefahren war und die Menschen in Italien starben. Die Passionszeit in diesem Jahr war anders. Und Ostern war anders.

Da platzt Jesus einfach so herein. Er braucht keine Schutzkleidung. Friede sei mit Dir. Tritt ans Krankenbett. Einfach so. Kommt durch verschlossene Türen, durch sämtliche Schleusen auf Intensiv. Die vermummte Schwester sieht ihn nicht. Er haucht den Kranken an. Das darf nur der Atem Gottes. Der Geist, der lebendig macht, auch wenn wir sterben.

Das ist unser Narrativ. Unsere Botschaft. Und das: Pfingsten. Menschen verstehen sich, auch wenn sie verschiedene Sprachen sprechen. Pfingsten. Menschen verlassen ihre geistliche Quarantäne.
Pfingsten. Ein jüdisches Fest. Friede sei mit Dir! Shalom! – Das gilt auch im Miteinander mit unseren jüdischen Geschwistern.

Lasst uns eine Kirche sein,
die sich auf den Weg macht zu den Menschen.
Ich freu mich drauf
und gebe den Gruß Jesu weiter: Friede sei mit Euch!