Beten stärkt
Vikarin Julia Upmeier, Ilmenau
Neuer Stundenplan, neue Klasse, in der nächsten Altersgruppe im Sportverein ist man plötzlich der "Neue". Alles neu! Im Büro gibt es ein neues Computerprogramm. Dabei war man für das alte Programm doch der Profi, und die Kollegen kamen und fragten um Rat. Alles neu! Die moderne Omi weiß natürlich, dass Kassetten und Schallplatten veraltet sind. Sie schenkt ihrer Enkelin also eine Hörspiel-CD. Die Enkelin aber ist enttäuscht. "Ach Omi, CDs sind doch von gestern, so was lade ich mir aus dem Netz herunter." Alles neu!
Gerade sind die Sommerferien hier in Thüringen zu Ende, da startet schon wieder unser Marathonlauf durch die sich ständig wandelnden Herausforderungen von Beruf, Schule, Familienleben. Verwandte und Freunde aus anderen Bundesländern lungern noch an Badestränden oder schicken Fotos von goldorangenen Sonnenuntergängen in den Alpen. Aber wir Thüringer sind schon wieder mittendrin. Stehenbleiben geht nicht. Wer nachlässt, wird überholt. Es gibt so viele Veränderungen, eine so kurze Halbwertzeit des Gewohnten und gleichzeitig manches Mal zu wenige Wurzeln im Vertrauten.
Wir haben - bei aller Lust am Leben - auch Sorgen, Ängste oder fühlen uns allein. Belastung durch viel Arbeit kann dazu kommen und uns, buchstäblich, "auf der Seele" liegen. Aber das will man sich nicht anmerken lassen. Wer will schon zu denen gehören, die sich unsicher oder hilflos fühlen angesichts des vielen Neuen.
Allein sind die Seelen der Menschen nicht stark genug fürs Leben. Das ist auch nicht schlimm. Wir dürfen schwach sein, ausgelaugt, pflegebedürftig. Im Gebet können wir uns Gott anvertrauen, um Himmelskraft bitten. Das hilft, die eigenen Schwächen nicht wegzureden, sich selbst anzunehmen mit seinen Schwächen. Himmelskraft tut gut. Auch denen, die nicht "fest" glauben, wie man so sagt. Es geht nicht um "fest glauben". Es geht um Bedürftigkeit. Um die Suche nach Trost.
Der große Philosoph Immanuel Kant sagte: "Alle Bücher, die ich gelesen habe, haben mir den Trost nicht gegeben, den mir dies Wort der Bibel gab: 'Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln'" (Psalm 23). Beten stärkt, weil wir uns schwach zeigen dürfen.